Sonntag, Dezember 14, 2025

14. Dezember 2025 – Im Zittern des Nordwinds

Der Nordwind trägt seine eigene Geschichte. Er kommt von weit her, unverhandelbar, klar. Doch er bringt nicht nur Kälte, sondern auch ein Gefühl von Wachheit.

Ich sitze am Fenster, sehe den Sturm vorüberziehen und merke, wie mein eigenes Inneres ruhiger wird. Vielleicht, weil Gegensätze sich gegenseitig ordnen.

Haiku 137 – Innenlicht

Draußen tobt der Wind,

doch im Raum ein warmer Schein —

Zwei Welten im Gleich.


Haiku 136 – Kälteflug

Wind treibt Schnee dahin,

über Dächer, über Wege —

Winter hat Geduld.


Samstag, Dezember 13, 2025

13. Dezember 2025 – Am Tor der Nacht

Der Abend kommt früh, aber nicht hart. Er schiebt sich still vor die Häuser und lässt die Lichter mehr Bedeutung tragen. Ich sehe Menschen an Fenstern sitzen und frage mich, welche Gedanken ihnen heute Gesellschaft leisten.

Die Nacht ist nicht bedrohlich — sie ist ein Raum. Und in diesem Raum darf alles sein, was tagsüber keinen Platz fand.

Haiku 135 – Raum

Dunkel wird zum Feld,

das die Seele still betreibt —

Weite ohne Rand.


Haiku 134 – Flimmer

Straßenlicht im Dunst,

zittert sanft im frühen Abend —

Kleine Sonne bleibt.


Freitag, Dezember 12, 2025

12. Dezember 2025 – Unter schwebendem Weiß

Der Schnee fällt so dicht, dass alles verschwimmt — nicht im Sinne von Verlust, sondern von Frieden. Linien werden weich, Geräusche gedämpft, Zeit langsamer.

Ich gehe durch diese mild verhüllte Welt und denke: Vielleicht braucht das Herz manchmal genau diese Unschärfe, um sich selbst wiederzufinden.

Haiku 133 – Deckkraft

Dichter wird die Welt,

wenn Weiß sich über Farben legt —

Tiefe ohne Ton.


Haiku 132 – Flockentanz

Wie ein stilles Spiel,

dreht der Schnee im sanften Fall —

Luft hält seinen Traum.


Donnerstag, Dezember 11, 2025

11. Dezember 2025 – Am leisen Rand des Morgens

Ein leiser Morgen, der nicht viel sagt, aber viel trägt. Ich stehe im stillen Licht und spüre, wie sich der Tag langsam öffnet wie eine Schale. Nichts drängt, nichts eilt.

Vielleicht sind die besten Stunden jene, die sich selbst nicht wichtig nehmen.

Haiku 131 – Atemzug

Kalter Hauch im Licht,

zeichnet kurz den Weg des Seins —

Zeit fließt sichtbar fort.


Haiku 130 – Frühklar

Morgen ohne Lärm,

legt sich klar auf Winterhaut —

Tag öffnet die Hand.


Mittwoch, Dezember 10, 2025

10. Dezember 2025 – Am Rand des Schweigens

Heute ist die Stille so groß, dass sie fast überwältigt. Und doch liegt sie wie ein Mantel über mir, schwer und schützend zugleich.

Ich gehe durch den Wald, und selbst die Vögel schweigen. Kein Angstschweigen, kein Winterverlust. Nur eine Pause, die die Welt sich selbst schenkt. Und in dieser Pause finde ich mich wieder.

Haiku 129 – Ruh

Schnee fällt in den Wald,

lässt die Schatten tiefer ruhn —

Welt hält ihren Schlaf.


Haiku 128 – Frostwind

Wind streift durch den Tag,

schreibt ein Lied auf nackte Haut —

Noten aus Kristall.


Dienstag, Dezember 09, 2025

9. Dezember 2025 – In der winterblassen Stunde

Die Stunden sind weich geworden, kaum unterscheidbar, wie verschmolzen. Und doch trägt jede einen feinen, eigenen Klang. Heute klingen sie hell, fast durchsichtig.

Ich halte inne. Und im Innehalten erkenne ich: Wieviel des Lebens erst sichtbar wird, wenn alles langsamer wird.

Haiku 127 – Schein

Himmel trägt ein Grau,

heller als die Nacht zuvor —

Winter wiegt das Licht.


Haiku 126 – Stille

Auf dem weißen Feld,

nichts als ferne Atemzüge —

Welt im Stand der Zeit.


Montag, Dezember 08, 2025

8. Dezember 2025 – Am stillen Fluss

Der Fluss wirkt heute wie ein Wesen, das atmet, aber schweigt. Er trägt ein dünnes Eis auf den Rändern, doch in der Mitte bleibt er offen — ein dunkles Band im hellen Land.

Ich bleibe am Ufer stehen und merke, wie mein Herz denselben Rhythmus findet. Offen, trotz Kälte. Beweglich, trotz Winter.

Haiku 125 – Dunstzug

Atem über Fluss,

verwebt sich mit kaltem Raum —

Geist der Jahreszeit.


Haiku 124 – Eisrand

Wasser fließt noch leis,

kämmt durch dünne Eisschichten —

Grenze ohne Halt.